Die Herrin von Sherwood by Jennifer Roberson
Autor:Jennifer Roberson
Die sprache: deu
Format: epub
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Marian musterte das harte, dunkle Gesicht ihr gegenüber, suchte nach etwas, das Ähnlichkeit mit Verständnis, möglicherweise sogar Mitleid getan hätte. Sie fand nichts. Mercardier, der ehemalige Hauptmann von Löwenherz' Söldnern, schien nach Beendigung des zusammenfassenden Berichts jener Geschehnisse, die sich zwischen ihr und William deLacey zugetragen hatten, weder entsetzt zu sein, noch sah er sich zu irgendeiner Form der Anteilnahme veranlasst.
Marian war dazu erzogen worden, sich Gedanken um andere Menschen zu machen, Gerechtigkeit in der Welt zu erstreben, daran zu glauben, dass Unrecht wieder gerichtet werden würde. Ihr eigener Vater hatte sich der Sache Gottes und seines Herrschers hingegeben, schließlich sogar sein Leben dafür geopfert. Aber sie begriff allmählich, dass manche Leute glaubten, so etwas wie Gerechtigkeit gebe es nicht und es sei unmöglich, erlittenes Unrecht wieder gutzumachen, und dass es sich nicht lohne, sich damit zu beschäftigen, und es in keiner Weise irgendwelche Mühe wert war. Der Beweis, dass solche Menschen existierten, stand jetzt in der Aufmachung eines Mannes, der am Kreuzzug teilgenommen hatte, vor ihr.
»Glaubt Ihr denn nichts von alledem?«, fragte sie.
»Es ist nicht meine Aufgabe, zu glauben oder nicht zu glauben. «
»Wieso habt Ihr mich dann gebeten, Euch davon zu erzählen?«
»Um zu begreifen, was Euch, eine Frau, dazu bringt, gegen den Sheriff in den Krieg zu ziehen.«
Sie sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an. »Sicherlich habe ich das Recht, es zu tun — auch wenn ich eine Frau bin.«
Seine Stimme war beinahe vollkommen ausdruckslos, abgesehen von einem Hauch von Verachtung. »Habt Ihr denn keinen Mann, der das Kämpfen für Euch übernehmen kann?«
»Mein Mann«, sagte Marian eisig, »hat für seinen König gekämpft. Was Ihr sehr wohl wisst.«
Mercardier schwieg unerschütterlich.
Marian musterte ihn. »Ist Euch denn alles gleichgültig? Außer den Münzen und demjenigen, von dem Ihr sie bekommt? «
Mercardiers Antwort war bar jeder Ironie. »Ich bin ein Söldner, Madame. Was erwartet Ihr von mir anderes, als dass ich ein angeheuerter Soldat bin?«
»Aber bedeutet das Kreuz auf Eurer Schulter denn gar nichts?«
Der Mann, der ohnehin eher still war, schien sich jetzt förmlich in Stein zu verwandeln.
Marian bohrte tiefer. »Nun?«
»Ich bin Söldner. Es gibt Antworten, für die muss man bezahlen.«
Sie rutschte vom Tisch, zupfte ihr Kleid wieder zurecht. »Ich beginne zu verstehen, dass Ihr Euren eigenen Krieg kämpft, Hauptmann.«
»Ich, Madame? Sprecht Ihr von den Steuern?«
»Nein. Ich spreche von der Meinung, die Ihr über Euch selbst habt.«
Zum ersten Mal lächelte Mercardier, wenn auch nur leicht. »Mein Gewissen ist kein Schlachtfeld.«
»Habt Ihr denn eins? Ich dachte, so etwas hättet Ihr gar nicht« Sie schwieg. »Es sei denn, natürlich, Ihr hättet eins angeheuert.«
Er wirkte überrascht, als sie auf die geöffnete Tür — und damit auch auf ihn — zuschritt. »Seid Ihr denn fertig, Madame?«
»Das bin ich.«
»Ihr habt nicht alle Rollen gelesen.«
»Das ist auch gar nicht möglich. Außerdem bezweifle ich, dass sich die Rolle, auf der einmal mein Name gestanden hat, noch in dieser Zelle befindet.«
Er trat beiseite, gestattete ihr, die Zelle zu verlassen. »Und was werdet Ihr jetzt tun?«
Marian schlüpfte an ihm vorbei. »Ich werde mir eine eigene Waffe suchen.«
»Was für eine Waffe denn, Madame?«
Sie blieb neben dem in den Boden eingelassenen Eisengitter stehen.
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